Landjudentum. Aspekte jüdisch-nichtjüdischer Nachbarschaften im ländlichen Raum seit dem Mittelalter

RHN 112/2025 | Event

Organisers: Buber-Rosenzweig-Institut für jüdische Geistes- und Kulturgeschichte der Moderne und Gegenwart / Forschungsverbund Dynamiken des Religiösen, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Bildungsabteilung des Zentralrats der Juden in Deutschland, Institut für christlich-jüdische Studien und Beziehungen and Augustana-Hochschule Neuendettelsau (Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main)

23 – 25 November 2025, Campus Westend, Goethe-Universität Frankfurt am Main, Germany 

Landjudentum. Aspekte jüdisch-nichtjüdischer Nachbarschaften im ländlichen Raum seit dem Mittelalter
Jahreskonferenz des Projekts Zerbrechliche Nachbarschaft. Gedenkbuch der Synagogen und jüdischen Gemeinden in Hessen


Noch bis weit ins 19. Jahrhundert lebte die Mehrheit der Jüdinnen und Juden in Deutschland auf dem Land. In den Dörfern und kleinen Städten hatte sich über die Jahrhunderte hinweg eine vielfältige jüdische Kultur, Ökonomie und Topographie entwickelt, die in besonders enger räumlicher und sozialer Nachbarschaft zur nichtjüdischen Gesellschaft stand. Hier fanden Jüdinnen und Juden Aufnahme nach Vertreibungen aus den großen Städten, erlebten aber auch Anfeindungen, Schikanen und Ausgrenzungen. Der Nationalsozialismus hat diese Form jüdischen Lebens in Deutschland ebenso brutal wie endgültig zerstört. Die Konferenz untersucht das Landjudentum als bedeutenden, heute aber weithin vergessenen Teil der jüdischen Geschichte aus unterschiedlichen historischen Perspektiven und mit Blick auf verschiedene regionale Ausprägungen. Sie spannt dabei einen Bogen vom Mittelalter bis zum 20. Jahrhundert.

Im Rahmen der Konferenz wird der erste Band des Synagogen-Gedenkbuch Hessen "Zerbrechliche Nachbarschaft" der Öffentlichkeit präsentiert. In Hessen bestanden besonders viele ländliche jüdische Gemeinden, zugleich aber auch wichtige städtische Zentren des Judentums. Das Gedenkbuch "Zerbrechliche Nachbarschaft" wird in seinen neun geplanten Bänden diese Geschichte auf umfassende Weise in ihrer großen Vielfalt und ihrem kulturellen Reichtum präsentieren, aber auch die stetige Bedrohung der jüdischen Gemeinden durch Judenfeindschaft und Antisemitismus bis hin zur nationalsozialistischen Verfolgung vergegenwärtigen.

Programm

Sonntag 23.11.2025
(Foyer PA-Gebäude)

17:00-18:00
Begrüßung

Viera Pirker (Vizepräsidentin der Goethe-Universität Frankfurt am Main)
Christian Wiese (Martin-Buber-Professor für Jüdische Religionsphilosophie)
Doron Kiesel (Zentralrat der Juden in Deutschland)

Grußworte

Timon Gremmels (Hessischer Minister für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur)
Uwe Becker (Beauftragter der Hessischen Landesregierung für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus)
Benjamin Graumann (Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt)
Christiane Tietz (Präsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau)
Joachim Valentin (Beauftragter des Bistums Limburg für christlich-jüdischen Dialog)

18:00-19:00
Präsentation des ersten Bandes von: Zerbrechliche Nachbarschaft. Gedenkbuch der Synagogen und jüdischen Gemeinden in Hessen
Einführung:
Daniel Neumann (Vorsitzender des Verbandes jüdischer Gemeinden in Hessen)

19:00-20:00
Keynote-Vortrag
Moderation: Stefan Vogt (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Simone Lässig (Technische Universität Braunschweig): Stand und Perspektiven der Forschungen zur jüdischen Sozial- und Kulturgeschichte


Montag 24.11.2025

(Casino 1.801)

10:00-12:00
Panel: Ländliche jüdische Ökonomien
Moderation: Rahel Blum (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Michaela Schmölz-Häberlein (Universität Bamberg): Vermittler zwischen städtischer und ländlicher Sphäre – Hoffaktoren, Münz- und Silberhändler und Truppenlieferanten

Heide und Dieter Wunder (Universität Kassel): Die Juden des reichsritterschaftlichen Kantons Rhön-Werra im Prozess der "kommerziellen Durchdringung des Landes"

Ruth Leiserowitz (Universität Klaipėda): Die Modernisierer im ostpreußischen Dorf. Jüdische Ladenbesitzer ab 1860

12:00-13:00 Mittagspause

13:00-15:00
Panel: Ländliche jüdische Topographien
Moderation: Kamila Lenartowicz (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Wolfgang Fritzsche (Landesamt für Denkmalpflege Hessen): Judenpfad, Judengalgen, Judenkirchhof. Beispiele digitaler Auswertung von Flurnamen

Nathanja Hüttenmeister (Steinheim-Institut, Essen): Zur Topographie jüdischer Friedhöfe

Cornelia Berger-Dittscheid (Goethe-Universität Frankfurt am Main): Gebetsraum - Synagoge - Mikwe. Bauliche Zeugnisse jüdischer Gemeindestrukturen auf dem Land in der Frühen Neuzeit und im 19. Jahrhundert

15:00-15:30 Kaffeepause

15:30-17:30
Panel: Gemeindeleben und Gemeindeorganisation auf dem Land
Moderation: Daniel Ristau (Hessisches Institut für Landesgeschichte Marburg)

Rahel Blum (Goethe-Universität Frankfurt am Main): Formen jüdischer Selbstverwaltung und jüdischer Kooperationen im ländlichen Raum

Moritz Bauerfeind (Universität Basel): „Daß es anders und besser werde“ – Reformrabbiner in Franken und im Elsass

Rebekka Denz (Universität Bamberg / Israel Jacobson Netzwerk e.V.): Weiblich, ländlich, jüdisch um 1900: Überlegungen zu einer Leerstelle

17:30-18:00 Kaffeepause

18:00-19:00
Keynote-Vortrag
Moderation: Gury Schneider-Ludorff (Augustana-Hochschule Neuendettelsau)

Friedrich Battenberg (Technische Universität Darmstadt): Landjuden in Hessen vor der Emanzipationszeit: Probleme und Forschungsansätze


Dienstag 25.11.2025

(Casino 1.801)

10:00-12:00
Panel: Judentum zwischen Stadt und Land
Moderation: Stefanie Nathow (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Rotraud Ries (Herford): Landjudentum im Kontext jüdischer Siedlungsformen der Frühen Neuzeit

Wolfgang Treue (Universität Duisburg-Essen / Goethe-Universität Frankfurt am Main): Stadtjuden, Landjuden – Zentren und Peripherien im frühneuzeitlichen Hessen

Benigna Schönhagen (Eberhard Karls Universität Tübingen): Zwischen Dorf, Vorort und Residenzstadt. Jüdisches Leben in Schwaben in der Frühen Neuzeit

12:00-13:30 Mittagspause

13:30-15:30
Panel: Antijudaismus, Antisemitismus und NS-Judenverfolgung auf dem Land
Moderation: Tilmann Gempp-Friedrich (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Birgit Wiedl (Institut für jüdische Geschichte Österreichs): „Gottes Feinde im eigenen Land“ – Antijudaismus im Mittelalter

Christoph Lind (Institut für jüdische Geschichte Österreichs): Die dritten Gemeinden und ihr Ende. Das jüdische Niederösterreich von 1904 bis 1940

Anna Junge (Zentrum für Antisemitismusforschung, Technische Universität Berlin): Trennung im Dorf. Nachbarschaft und Deportationen aus dem Landkreis Marburg 1941/42

15:30-16:00 Kaffeepause

16:00-18:00
Panel: Landjudentum in Repräsentation, Vorstellung und Erinnerung
Moderation: Stefan Vogt (Goethe-Universität Frankfurt am Main)

Tamar Kojman (Hebräische Universität Jerusalem): Creating the New Jew: Jewish Vocational Education and the Concept of Berufsumschichtung

Almut Laufer (Jerusalem): Landjuden in der deutschen Erzählliteratur

Daniel Ristau (Hessisches Institut für Landesgeschichte Marburg): Hessische Landsynagogen im Landesgeschichtlichen Informationssystem Hessen (LAGIS): Vernetzte Wissensbestände im digitalen Raum

 

Kontakt

Prof. Dr. Stefan Vogt – s.vogt@em.uni-frankfurt.de

 

 

Source: H-Soz-Kult